Das Residenztheater (Bayerisches Staatsschauspiel) ist eines der traditionsreichsten und mit einem Ensemble von über 50 Schauspieler*innen und mehr als 450 Mitarbeiter*innen größten Sprechtheater im deutschsprachigen Raum. Seine Historie beginnt im 18. Jahrhundert als Kurfürstliches Hof- und Nationaltheater. Bespielt werden drei Spielstätten: das Residenztheater am Max-Joseph-Platz mit 881 Plätzen, das Cuvilliéstheater mit 437 Plätzen und der Marstall mit ca. 146 Plätzen, alle in unmittelbarer Nachbarschaft der Residenz im Herzen Münchens.
Seit 2019 ist Andreas Beck Intendant. Das Residenztheater unter seiner künstlerischen Leitung steht für ein Ensembletheater, das den Schwerpunkt auf zeitgenössische Dramatik mit Uraufführungen und Neudichtungen neben der Pflege eines klassischen Repertoires legt. Klassische Stoffe und Texte werden aus dem Hier und Jetzt heraus befragt und erfahren eine Neudichtung oder Übertragung. Mit der Uraufführung von Ewald Palmetshofers für das Residenztheater als Auftragswerk entstandenem Theatertext «Die Verlorenen» wurde die erste Spielzeit der neuen Intendanz am 19. Oktober 2019 im Residenztheater eröffnet.
Kontakt
Residenztheater Max-Joseph-Platz 1 D-80539 München
Als Pippi Langstrumpf in die verlassene Villa Kunterbunt einzieht, fegt ein Wirbelwind in das Leben von Annika und Tommy. Zusammen mit ihrem Affen Herrn Nilsson und dem Pferd Kleiner Onkel stellt sie den Alltag der braven Geschwister auf den Kopf. Ob Polizisten, Räuber oder die besorgte Nachbarschaft, die außergewöhnliche Seeräubertochter führt alle, die sie in ihre Schranken weisen wollen, mit Witz und Leichtigkeit an der Nase herum – schließlich ist sie das stärkste Mädchen der Welt!
«Aber wisst ihr, was ich bin? Ich bin das stärkste Mädchen der Welt. Denkt daran!»
Was zu einem der größten Erfolge der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren werden sollte, begann mit einer Reihe von Gutenachtgeschichten für ihre sechsjährige Tochter Karin im Jahr 1941. Pippi Langstrumpf ist Lindgrens Antwort auf die damalige Lage der Welt: Ein lebenslustiges, unerschrockenes Kind mit Superkräften – eine davon ihr großes Herz und ihr unerschütterlicher Glaube an das Gute im Menschen. Doch die Geschichten von Pippi Langstrumpf waren weder in Schweden noch in Deutschland unumstritten: Zu groß war die Sorge, dass das freche, selbstbewusste Mädchen ein schlechtes Vorbild für Kinder sein könnte.
Nach «Ronja Räubertochter» bringt Daniela Kranz eine weitere weltberühmte Kinderheldin Astrid Lindgrens auf die Bühne des Residenztheaters und erzählt die inspirierende Geschichte eines Mädchens, das mit Mut, Fantasie und einem großen Herzen die Welt ein bisschen bunter macht.
Ab 6 Jahren.
Für die Bühne bearbeitet von Christian Schönfelder.
Inszenierung: Daniela Kranz
Bühne: Viva Schudt
Kostüme: Gloria Brillowska
Musik: Club Für Melodien
Choreografie: Hannah Chioma Ekezie
Licht: Markus Schadel
Dramaturgie: Michael Billenkamp, Lea Maria Unterseer
Termine
So 30.11.2025, 14:00
So 30.11.2025, 17:00
Mo 1.12.2025, 10:00 | Schulvorstellungund weitere Termine
Mo 8.12.2025, 10:00 | Schulvorstellung
Mo 15.12.2025, 11:00 | Schulvorstellung
Di 16.12.2025, 11:00 | Schulvorstellung
Do 18.12.2025, 11:00 | Schulvorstellung
Ort
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München
Richter Adam hat ein gravierendes Problem: Nicht nur hat er mit den schwerwiegenden Folgen seines nächtlichen Alkoholkonsums zu kämpfen, sondern auch mit dem plötzlichen Auftauchen seines Vorgesetzten Walter, der die Rechtsprechung in der Provinz unter die Lupe zu nehmen gedenkt. So ist Adam genötigt, coram publico einer Gerichtsverhandlung vorzusitzen, in der er gegen sich selbst ermitteln muss. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versucht er dabei zu verschleiern, dass es sich bei dem unbekannten Täter der letzten Nacht um ihn selbst handelt.
Ein Kupferstich von Jean-Jacques André Le Veau, der einen zerbrochenen Krug in einem juristischen Rahmen zeigt, diente Heinrich von Kleist 1802 angeblich als Anlass für einen «poetischen Wettkampf» unter Freunden, aus dem «Der zerbrochne Krug» hervorging. Am Modell eines niederländischen Dorfgerichts im ausgehenden 17. Jahrhundert zeigt Kleist, dass institutionell nicht Recht gesprochen, sondern Macht ausgeübt wird. Selbst Jurist, übte der Dichter scharfe Kritik an der zeitgenössischen Rechtspraxis, die bei der Uraufführung 1808 in Weimar – inszeniert von niemand Geringerem als Johann Wolfgang von Goethe – vom ansässigen Adel als «moralischer Aussatz» degoutiert wurde. Heinrich von Kleist, einer der bedeutendsten deutschen Dichter, hatte bei Publikum und Kritik ausgespielt – mit einer der bedeutendsten deutschsprachigen Komödien, bis heute auf Bühnen gern gesehen.
Dabei entpuppt sich Kleists abgründiges Lustspiel als Enthüllungsdrama um sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und Tatsachenverschleierung – und somit um einen veritablen Justizskandal. Der «Zeit»-Literaturchef und Schriftsteller Adam Soboczynski wies darauf hin, dass «die Aufrichtigkeit, das Vertrauen bei Kleist sich als fragil erweisen und blendende Verstellungskünstler sein Werk prägen». Dorfrichter Adam ist einer ihrer schillerndsten Vertreter und als Figur so modern, dass er wie eine (Aus-)Geburt einer an Manipulationen so reichen Gegenwart aus dem Geist der Geschichte wirkt.
Inszenierung: Mateja Koležnik
Bühne: Christian Schmidt
Kostüme: Ana Savić Gecan
Licht: Verena Mayr
Dramaturgie Constanze Kargl
Termine
Fr 28.11.2025, 19:30 | Premiere
So 30.11.2025, 19:30
Das legendäre Musical «Cabaret» führt uns in die schillernde Welt des Kit-Kat-Clubs der 1930er-Jahre. Jeden Abend begeistert die enigmatische Künstlerin Sally Bowles mit ihrem berühmten Song «Life is a Cabaret» das Publikum, das Dekadenz und Diversität feiert. Der junge Amerikaner Clifford Bradshaw verfällt diesem sinnlich aufgeladenen Kosmos. Doch gleichzeitig zieht etwas Dunkles herauf, das sich immer stärker in den Alltag der lebenslustigen Lebenskünstler*innen einschleicht.
«Willkommen, bienvenue, welcome ... Fremder, étranger, stranger …» So beginnt das legendäre Musical «Cabaret» – mit der lockenden Einladung des Conférenciers, die schillernde Welt des Kit-Kat-Clubs zu betreten, in dem die enigmatische Künstlerin Sally Bowles jeden Abend ihren berühmten Song «Life is a Cabaret» zum Besten gibt. Dieser Einladung folgt auch der junge amerikanische Schriftsteller Clifford Bradshaw. Als Fremder ist er in die pulsierende Stadt gekommen, um keine Sekunde von dem zu verpassen, was in dieser pulsierenden Stadt hier vor sich geht. «Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss, ganz passiv, ich nehme auf, ich denke nicht.» Cliff – zunächst nur neugieriger Beobachter – verfällt zunehmend diesem sinnlich aufgeladenen Kosmos. Gleichzeitig zieht etwas Dunkles herauf – politisch und gesellschaftlich –, das sich immer stärker in den pulsierenden Alltag der Lebenslustigen einschleicht. Doch im Zustand des großen «Davor» wird gefeiert, getanzt und gesungen – ausgelassen, jubelnd und … irrsinnig!
Für den britisch-amerikanischen Autor Christopher Isherwood (1904–1986), dessen zwei autobiografische Berlin-Romane als Vorlage für «Cabaret» dienten, war sein erster Besuch in dieser Stadt eines der einschneidendsten Erlebnisse seines Lebens. Hatte er «Berlin-Babylon» zunächst noch für einen «Reklamespruch» im Wettbewerb mit dem mythischen Paris gehalten, erlebte er in Berlin bald einen «gewaltigen Mummenschanz der Perversionen» und eine nie gekannte Freiheit. Als die politische Lage immer bedrohlicher wird, verlässt er schließlich Deutschland Richtung Griechenland: Als Homosexueller weiß er, dass er in Gefahr ist.
Der international gefragte Opernregisseur Claus Guth nähert sich dem «Cabaret» – die legendäre Verfilmung entstand in München – aus seiner ganz eigenen Perspektive. Das detailliert-dokumentarische Zeitbild der 1930er-Jahre in Berlin wird für ihn zu einer Forschungsreise ins Innere. Ein unsicherer junger Mann, ein Schriftsteller, der noch nicht viel erlebt hat, probiert sich in allen Facetten seiner Möglichkeiten aus und findet – in der Konfrontation mit der größtmöglichen Intensität von Wirklichkeit – zu sich selbst und seiner Identität.
Musical von Joe Masteroff (Buch), John Kander (Musik) und Fred Ebb (Gesangstexte) nach dem Stück «Ich bin eine Kamera» von John van Druten und Erzählungen von Christopher Isherwood, aus dem Englischen von Robert Gilbert.
Der erst kürzlich wiederentdeckte Text «Rezitativ» ist eine literarische Sensation: Es ist die einzige Erzählung der Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison. Darin treffen zwei junge Frauen aufeinander: Roberta und Twyla, beide aus prekären Verhältnissen, lernen sich in einem Kinderheim kennen und freunden sich an. Immer wieder führt sie der Zufall zusammen, in Schlaglichtern erfahren wir von ihren Männern, ihrer Arbeit, ihren Kindern. Schließlich stehen sie sich bei einer Demonstration gegen Rassentrennung gegenüber. Doch wer von beiden weiß und wer Schwarz ist, lässt die Autorin offen.
«Rezitativ» ist ein poetisches Experiment, «in einer Erzählung mit einer Schwarzen und einer weißen Figur, für die ihre mit ihrer Race verbundene Identität von grundlegender Bedeutung ist, alle rassifizierenden Codes zu entfernen», schreibt Morrison. Sie gibt beiden eine schnörkellose Sprache und erzählt uns stattdessen jede Menge Details: über die Mütter ihrer beiden Figuren – eine tanzt, eine ist meist krank; über ihre Vorlieben, was Essen betrifft – eine mag Salisbury-Steak und Wackelpudding, eine nicht; welche Musik sie hören – eine mag Jimi Hendrix; und in welchem Viertel sie wohnen. Welche Rückschlüsse lassen sich anhand dieser Anhaltspunkte ziehen? «Das Leben ist komplex, es wird begrifflich von binären Strukturen definiert, kann aber nie zur Gänze von ihnen erfasst werden», schreibt die Schriftstellerin Zadie Smith zu «Rezitativ».
Die Regisseurin Miriam Ibrahim macht dieses Experiment zum Ausgangspunkt ihrer Bühnenadaption, indem sie sich verschiedene theatrale Mittel benutzt, um unsere Wahrnehmung herauszufordern: Wie verändert sich unsere Einschätzung einer Person, einer Situation durch die Hautfarbe? «Rezitativ» lädt dazu ein, immer wieder neue Perspektiven einzunehmen und die eigene Sichtweise in jeder Szene auf den Prüfstand zu stellen.
Nach der gleichnamigen Erzählung von Toni Morrison, aus dem Englischen von Tanja Handels, für die Bühne bearbeitet von Miriam Ibrahim.
Inszenierung und Musik: Miriam Ibrahim
Bühne: Mitra Nadjmabadi
Kostüme: Gianna-Sophie Weise
Licht: Barbara Westernach
Video: Amon Ritz
Dramaturgie: Katrin Michaels
Outside Eye: Julienne De Muirier
aus dem Niederländischen von Eva M. Pieper und Alexandra Schmiedebach
Nach dem Tod seiner Frau lebt Richard abgeschottet in einer streng bewachten Gated Community. Seine langjährige Haushälterin hat er ohne ersichtlichen Grund entlassen. Nun nimmt er seine einzige Tochter Helen in die Pflicht, ihn zu versorgen, da er zunehmend pflegebedürftig wird. Zwischen Vater und Tochter herrschte lange Funkstille, trennt die beiden doch mehr, als sie verbindet. Richard – als ehemaliger erfolgreicher Ingenieur für Wasserwirtschaft immer noch mit einem großen Ego ausgestattet – respektiert weder Helens idealistische Berufsauffassung als Anwältin noch die Wahl ihres Ehemanns, eines Schwarzen Intellektuellen. Helen wiederum wirft ihm vor, sich den Herausforderungen einer sich verändernden Gesellschaft zu entziehen, in der bewusster über Fragen von Geschlechtergerechtigkeit und Rassismus nachgedacht wird und in der nur der sorgsamere Umgang mit den knappen Ressourcen der Natur die Existenz nachfolgender Generationen garantiert. Bei einer der Stippvisiten der Tochter schließen die elektrischen Rollläden automatisch – so wie es bei einem Überfall vorgesehen ist. Vater und Tochter sind gezwungen, miteinander auszuharren.
«Wie sollen wir miteinander leben?», fragt die meistgespielte niederländische Dramatikerin Lot Vekemans in ihrem neuen Stück und trifft damit den Nerv der Zeit. Sie zeigt auf eine sehr menschliche Weise die u vereinbar scheinenden Haltungen, die in vielen Familien und Freundeskreisen für Dissens und Konflikt sorgen.
Vekemans’ Solo «Niemand wartet auf dich» mit Juliane Köhler wurde am Residenztheater mit großer Resonanz gestreamt. In «Blind» spielt sie an der Seite von Manfred Zapatka. Die deutschsprachige Erstaufführung von «Blind» inszeniert der Regisseur Matthias Rippert, der mit seinen präzisen Interpretationen zeitgenössischer Dramatik auf sich aufmerksam gemacht hat.
Inszenierung: Matthias Rippert
Bühne: Fabian Liszt
Kostüme: Alfred Morina
Musik: Robert Pawliczek
Licht: Markus Schadel
Dramaturgie: Almut Wagner
Dauer: 1 Stunde 40 Minuten, Keine Pause
Termin
Fr 28.11.2025, 19:30
Ort
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München
Nach einem Vierteljahrhundert kehrt der Brandner Kaspar wieder ans Residenztheater zurück – und wie!
Denn fast ebenso lange ist es her, dass Franz Xaver Kroetz erklärte, nicht mehr für das Theater veröffentlichen zu wollen. Doch für den Brandner Kaspar, den bayerischsten aller Theaterstoffe, hat er sich doch noch einmal überreden lassen und seinen «Brandner Kaspar» für das Residenztheater geschrieben, wo er nun zur Uraufführung kommen wird.
In Anlehnung an Franz von Kobells Mundarterzählung erzählt Kroetz die Geschichte von dem bayerischen Sturschädel, der sich nicht einmal dem leibhaftigen Tod, dem Boanlkramer, beugen will, sehr ehrlich und berührend, dabei ganz unsentimental und mit viel Humor. Natürlich bescheißt auch bei Kroetz Brandner den Boanlkramer mit reichlich Kerschgeist beim Kartenspielen, aber der Preis, den er für die gewonnenen achtzehn Lebensjahre zahlt, ist hoch. Denn als seine geliebte Enkelin, das Seferl, beim Almabtrieb stirbt, ist er plötzlich allein. Seine Frau ist schon vor Jahren gestorben und von seiner Tochter erreichen ihn nur noch Postkarten aus der Ferne. Die Einsamkeit nimmt ihm alle Lebensfreude, aber die Angst vor dem Tod und vor dem, was danach kommt, ist einfach zu groß, um freiwillig auf seinen Gewinn zu verzichten und vorzeitig abzutreten. Aber der Boanlkramer, dem ein fuchsteufelswilder Petrus im Nacken sitzt, hat eine Idee: Ein Fenster im Himmel gewährt Einblick in das Paradies und ein kurzer Blick «kost ja nix»…
Als Kaspar Brandner kehrt auch Günther Maria Halmer ans Residenztheater zurück und zusammen mit dem Münchner Film-, Schauspiel- und Opernregisseur Philipp Stölzl werden sie die «Gschichtn vom Brandner Kaspar» als ein «großes Bilderbuch, denn das Stück ist natürlich ein Märchen» wie es in der Szenenanweisung bei Franz Xaver Kroetz heißt, auf die Bühne bringen.
In Anlehnung an Franz von Kobells Mundarterzählung erzählt Franz Xaver Kroetz die Geschichte von dem bayerischen Sturschädel, der sich nicht einmal dem leibhaftigen Tod, dem Boanlkramer, beugen will, sehr ehrlich und berührend, dabei ganz unsentimental und mit viel Humor. Als Kaspar Brandner kehrt auch Günther Maria Halmer ans Residenztheater zurück und zusammen mit dem Münchner Film-, Schauspiel- und Opernregisseur Philipp Stölzl werden sie die «Gschichtn vom Brandner Kaspar» als ein «großes Bilderbuch, denn das Stück ist natürlich ein Märchen» auf die Bühne bringen.
Franz Xaver Kroetz wurde 1946 in München geboren. Nach dem Schulabbruch besucht er eine private Schauspielschule in München, später dann das Max-Reinhardt-Seminar in Wien, beides beendet er vorzeitig. Nach der Schauspielprüfung der Bühnengenossenschaft erstes Engagement am Büchner-Theater München. Kontakt mit Rainer Werner Fassbinders «antitheater». Zeitgleich hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Er führt Regie am Tegernseer Bauerntheater und schreibt eine Vielzahl von Stücken, die er verbrennt. Zwischen 1968 und 1969 entstehen seine ersten heute noch erhaltenen Stücke, u. a. «Wildwechsel» (UA 1971, Städtische Bühnen Dortmund) und «Heimarbeit» (UA 1971, Münchner Kammerspiele). Aufgrund eines einjährigen Dramatikerstipendiums des Suhrkamp-Verlags kann Kroetz sich ganz dem Schreiben widmen und schafft den Durchbruch. 1971 entstehen die Werke «Stallerhof» (UA 1972, Deutsches Schauspielhaus Hamburg), «Wunschkonzert» (UA 1973, Staatstheater Stuttgart), «Geisterbahn» (UA 1975, Ateliertheater am Naschmarkt Wien) und «Lieber Fritz» (UA 1975, Staatstheater Darmstadt). Kroetz wird zum meistgespielten deutschsprachigen Gegenwartsdramatiker und inszeniert seine Stücke auch zum Teil selbst. Seine Uraufführungen lösen oftmals Skandale aus und es kommt zu Protestdemonstrationen. 1971 tritt er in die Deutsche Kommunistische Partei DKP ein. Im selben Jahr verfilmt Rainer Werner Fassbinder «Wildwechsel», weitere Fernsehverfilmungen seiner Stücke, auch in Eigenregie, folgen. Bis 1977 schreibt er mindestens zwanzig Stücke, so auch «Agnes Bernauer» (UA 1977, Schauspielhaus Leipzig). Sie werden zahlreich ausgezeichnet, «Das Nest» erhält 1976 den Mülheimer Dramatikerpreis. Immer wieder arbeitet er auch als Schauspieler im Theater, Film und Fernsehen. Einen großen Bekanntheitsgrad erhält er 1986 durch seine Rolle als Klatschreporter Baby Schimmerlos in der Fernsehserie «Kir Royal». 1994 wird «Der Drang» als eine Neubearbeitung des Stücks «Lieber Fritz» an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Seine letzten Arbeiten am Residenztheater München waren die Bearbeitung von Ludwig Anzengrubers «Der Gewissenswurm» (2007), «Du hast gewackelt. Requiem für ein liebes Kind» (UA 2012), «Agnes Bernauer» (2021) und «Der Drang» (2022).
Auftragswerk
Inszenierung und Bühne: Philipp Stölzl
Mitarbeit Bühne: Franziska Harm
Kostüme: Kathi Maurer
Komposition und musikalische Leitung: Michael Gumpinger
Video: Simon Wimmer
Licht: Gerrit Jurda
Dramaturgie: Michael Billenkamp
Dauer 2 Stunden - keine Pause
Termin
Do 27.11.2025, 19:30
Ort
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München
Bewertungen & Berichte Gschichtn vom Brandner Kaspar
Schauspiel
Die Kopenhagen-Trilogie
nach den Romanen «Kindheit» - «Jugend» - «Abhängigkeit» von Tove Ditlevsen
für die Bühne bearbeitet von Tom Silkeberg
aus dem Dänischen von Ursel Allenstein
Für das Talent und die Träume der heranwachsenden Tove ist im Kopenhagener Arbeiterviertel Vesterbro der 1920er-Jahre kein Platz. Mit vierzehn Jahren muss sie die Schule verlassen und gegen ihren Willen als Hausmädchen, später als Bürogehilfin arbeiten. Dennoch gibt sie sich nicht geschlagen, publiziert anfänglich Gedichte und Erzählungen und sucht ihre Befreiung unbeirrt im eigenen Schreiben. Tove Ditlevsen erzählt in der «Kopenhagen-Trilogie» immer entlang der eigenen Biografie von der Flucht aus einem komplizierten Alltag in die Narration und webt dabei Realität und Fiktion raffiniert ineinander. Ihre gleichnamige Ich-Erzählerin berichtet ebenso humorvoll wie lakonisch von Privatem, das nichtsdestotrotz politisch ist.
Die Schonungslosigkeit, mit der Ditlevsen davon schreibt, was es bedeutet, als Frau mehr zu wollen als einem von der Gesellschaft zugestanden wird, steht dabei in keinem Widerspruch zu ihrer Utopie eines durch Kunst und Literatur gelingenden Lebens. Ditlevsens Autofiktion lässt sich als Anleitung zur Selbstermächtigung verstehen und ist ein widerständiges weibliches Vermächtnis einer großen Schriftstellerin.
Bereits zweimal angekündigt unternimmt das Residenztheater nun einen dritten Anlauf, dieses wichtige Projekt zu realisieren. Regie führt Elsa-Sophie Jach, Hausregisseurin am Residenztheater, deren hochmusikalische, verspielte Inszenierungen stets originelle und originäre Textinterpretationen sind.
Inszenierung und Fassung: Elsa-Sophie Jach
Bühne: Marlene Lockemann
Kostüme: Aino Laberenz
Komposition und Musikalische Leitung: Samuel Wootton
Licht: Barbara Westernach
Dramaturgie: Constanze Kargl
Plötzlich klingelt das Telefon und das Leben ändert sich von einem Tag auf den anderen. So auch für Simone de Beauvoir und ihre Schwester, als sie erfahren, dass ihre Mutter im Krankenhaus liegt. Eindringlich und ehrlich schildert Simone de Beauvoir, was es heißt, Abschied zu nehmen von dem Menschen, der einem das Leben geschenkt hat. Nach dem Erfolg von «(Nicht)Mütter!» bringen die Schauspielerinnen Sibylle Canonica, Barbara Horvath und Lisa Stiegler dieses persönliche Stück Weltliteratur erstmals auf eine Theaterbühne.
«Aber nein. Man stirbt nicht daran, dass man geboren worden ist, nicht daran, dass man gelebt hat und auch nicht am Alter. Man stirbt an etwas.»
«Ihre Mutter hat einen Unfall erlitten.» Am 24. Oktober 1963 erhält Simone de Beauvoir einen Anruf. Für einen Moment bleibt alles stehen. Es beginnt eine neue Zeitrechnung: Vier Wochen lang begleitet sie gemeinsam mit ihrer Schwester Hélène die Mutter – im Krankenhaus, zwischen Hoffnung und Bangen, Nähe und Entfremdung. Kurz nach dem Tod ihrer Mutter Françoise entstehen die Aufzeichnungen «Ein sanfter Tod».
Plötzlich ist nichts mehr selbstverständlich, die Welt schrumpft auf die Ausmaße des Krankenzimmers zusammen. In «Ein sanfter Tod» beschreibt de Beauvoir mit schonungsloser Klarheit und bewegender Offenheit, was es heißt, Abschied zu nehmen von der Frau, die einem das Leben geschenkt hat. Und wie schmerzhaft es ist, loszulassen – in dem Moment, in dem man sich gerade erst wirklich nahekommt.
Warum erschüttert der Tod ihrer Mutter sie so tief, obwohl das Verhältnis lange distanziert war? «Diesmal entzog sich die Verzweiflung meiner Kontrolle. Jemand anders weinte in mir», schreibt de Beauvoir.
«Ein sanfter Tod» ist eine zutiefst persönliche Auseinandersetzung mit dem Sterben, mit familiären Rollen, mit weiblicher Autonomie – und mit der Frage, ob das Tochtersein endet, wenn die Mutter stirbt.
Für Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoirs Lebensgefährten, war es das bedeutendste Buch der großen Philosophin und Schriftstellerin. Nach dem Erfolg von «(Nicht)Mütter!» bringen die Schauspielerinnen Sibylle Canonica, Barbara Horvath und Lisa Stiegler «Ein sanfter Tod» erstmals auf die Bühne. Zwei Spielerinnen und ein Geräuschemacher suchen nach einer sinnlichen, bildhaften Übersetzung der Erfahrungen zweier Töchter mit ihrer sterbenden Mutter: «Wir wohnten der Generalprobe unserer eigenen Beerdigung bei. Unglücklicherweise durchlebt dieses Abenteuer, das allen gemeinsam ist, jeder allein.»
Nach Simone de Beauvoir, aus dem Französischen von Paul Mayer, für die Bühne bearbeitet von Barbara Horvath und Lisa Stiegler.
Konzeption: Barbara Horvath, Sibylle Canonica, Lisa Stiegler
Dramaturgie: Ilja Mirsky
Ein Spiel in drei Akten mit Vorspiel und Nachspiel
von Anna Gmeyner
Premiere: 13.2.2026
Anna Gmeyners «Automatenbüfett» ist eine Satire auf all die «Wichtigen» einer Kleinstadt und darin die große Welt im Kleinen. Der tägliche Treffpunkt dieser elitären Männerrunde ist das Automatenbüfett von Frau Adam, ein «Restaurant», in dem es Speisen und Getränke zwar nur auf Knopfdruck gibt, es sich aber trotzdem herrlich über Politik streiten lässt. Doch als plötzlich die Idee von der Ansiedlung einer industriellen Fischzucht aufkommt, ziehen die Streithähne alle an einem Strang.
«Es ist gar nicht so angenehm, wenn man plötzlich gerettet ist, oder?» Diese kleine Retourkutsche kann sich die junge Eva am Ende von Anna Gmeyners «Automatenbüfett» nicht verkneifen, als sie Herrn Adam aus dem Fischteich zieht. Mit seiner Rettung schließt sich auch der Kreis zwischen diesem ungleichen Paar, denn der Hobbyangler und selbst ernannte Visionär Adam fischte ganz zu Beginn des Stücks Eva ebenfalls aus dem Wasser. Für beide sollte es das Ende sein, tatsächlich aber ist es ein Neuanfang. Zwischen diesem Vor- und Nachspiel entfaltet Gmeyner ihre wunderbare Kleinstadtsatire über all die wirklich «Wichtigen» in Seebrücken. Täglicher Treffpunkt dieser elitären Männerrunde ist das Automatenbüfett von Frau Adam, ein «Restaurant», in dem es Speisen und Getränke zwar nur auf Knopfdruck gibt, es sich aber trotzdem herrlich über Politik streiten lässt. So richtig aufgemischt wird der erlesene Zirkel von der hübschen Eva. Gleich nach ihrer Ankunft kurbelt sie allein durch ihre Anwesenheit den Umsatz im Automatenbüfett merklich an, was die geschäftstüchtige Frau Adam entsprechend auszunützen weiß und darüber ihre Eifersucht auf die junge Frau kurz vergisst. So richtig in Schwung kommen die eitlen Stadtvorderen aber erst, als Herr Adam seine revolutionäre Idee von einer industriellen Fischzucht präsentiert. Da ziehen die alten Streithähne plötzlich an einem Strang, denn auf einmal liegt der süße Duft von Geld in der Luft. Und wer könnte dem schon widerstehen?
Anna Gmeyner zeigt in ihrem 1932 im Pariser Exil geschriebenen Stück die große Welt im Kleinen – prophetisch heißt es darin: «Europa ist ein Pulverfass, in das jeden Moment der zündende Funke fallen kann.» Die in einem liberal-jüdischen Haushalt aufgewachsene und lange vergessene Wiener Autorin wird von Hausregisseurin Elsa-Sophie Jach erstmals auf einer Münchner Bühne inszeniert.
Inszenierung: Elsa-Sophie Jach
Bühne: Bettina Pommer
Kostüme: Belle Santos
Komposition: Samuel Wootton
Dramaturgie: Constanze Kargl
Eine Utopie in memoriam Klaus Lemke
von Albert Ostermaier
Uraufführung: 6.2.2026
Auftragswerk
Ein Ufo in Weißwurstform landet vor der Bayerischen Staatskanzlei: Film oder Realität? Albert Ostermaiers neues Stück ist eine liebevolle Hommage an den 2022 verstorbenen Filmpoeten Klaus Lemke und zugleich Hymne auf und Abrechnung mit seiner Heimatstadt München.
«Hier München, mein Stripclub, Schillerstraße, Klassiker, Goethestraße, Gomorra und Paradies, Techno, Punk und Zwiefacher, Protest und Party, Bayern und Babylon, Gerd Müller und der Bomber, alles, was du nie zusammendenken könntest, steht hier nebeneinander wie ein Fitnessgerät neben dem anderen.»
Ein Ufo in Weißwurstform landet vor der Bayerischen Staatskanzlei: Film oder Realität? Für den Schwabinger Filmpoeten und Asphaltcowboy Klaus Lemke macht das keinen Unterschied. Doch aus dem Raumschiff steigt ein echter Außerirdischer! Sie sind auf der Suche nach einer Idee, nach einer gesellschaftlichen Utopie für ihren Heimatplaneten. Und München scheint ihnen das ideale Studienobjekt. Lemke wittert einen großen Stoff und so begeben sie sich gemeinsam auf eine ebenso rasante wie wahnwitzige Zeitreise durch die Geschichte Münchens. Sie durchleben die Höhen und Tiefen dieser Stadt und begegnen dabei Legenden wie Helmut Dietls Tscharlie aus den «Münchner Geschichten» beim Ritt durch das Siegestor, dem jungen Franz Josef Strauß genauso wie dem noch unbekannten Wladimir Iljitsch Lenin im Schelling-Salon der Jahrhundertwende. Sie landen mitten in den Schwabinger Krawallen 1962, den Olympischen Spielen 1972 oder werden Zeugen bei der Ausrufung der Räterepublik.
Albert Ostermaiers neues Stück «Munich Machine» ist ein großartiges Theatertriptychon, ein dreiteiliges Altarbild Münchens: zugleich Hymne auf und Abrechnung mit seiner Heimatstadt – über den Munich Sound von DJ Hell und darüber, was die Stadt
einmal war, heute ist und morgen sein könnte. Vor allem aber ist es eine liebevolle Hommage an den großen Münchner Filmemacher Klaus Lemke, der 2022 im Alter von einundachtzig Jahren verstorben ist.
Mit «Munich Machine» gibt der vielfach ausgezeichnete Künstler und Theaterregisseur Ersan Mondtag sein Debüt am Residenztheater. Zuletzt wurde seine Performance «Monument eines unbekannten Menschen» für den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig 2024 von Publikum und Kritik gleichermaßen gefeiert.
Albert Ostermaier, 1967 geboren, lebt als freier Schriftsteller in München. Er ist einer der meistgespielten deutschen Dramatiker der Gegenwart. Seine Stücke wurden u.a. von Karin Beier, Andrea Breth, Kay Voges und Nuran David Calis uraufgeführt. Er schrieb für Komponisten wie Peter Eötvös und arbeitet mit DJ Hell. Seine Werke wurden in über 20 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter dem Kleist-Preis, dem Bertolt-Brecht-Preis, dem Ernst-Toller-Preis und dem «Welt»-Literaturpreis für sein literarisches Gesamtwerk. Zudem leitete und rief er international bekannte Literaturfestivals ins Leben. Im August 2025 erscheint sein neuer Roman «Die Liebe geht weiter» bei Matthes & Seitz Berlin.
Inszenierung, Bühne und Kostüme: Ersan Mondtag
Komposition: Benedikt Brachtel
Video: Luis August Krawen
Dramaturgie: Michael Billenkamp, Till Briegleb
Termin
Fr 6.2.2026 | Premiere
Ort
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München
dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade
Marat / Sade von Peter Weiss
Premiere: 21.3.2026
Der ausführliche Titel von Peter Weiss’ bahnbrechendem Theaterstück bringt die Versuchsanordnung schon ziemlich genau auf den Punkt: In der Heilanstalt von Charenton südöstlich von Paris spielt man Theater. Vor eigens angereistem Publikum und unter der Aufsicht des Pflegepersonals und Anstaltsleiters zeigen die Patient*innen ein bizarres True-Crime-Schauspiel über den Mord an Jean Paul Marat, dem in seiner eigenen Badewanne erdolchten Revolutionär.
Regisseur und Autor dieser Aufführung ist der berüchtigte Meister der Ausschweifungen und Grenzüberschreitung Marquis de Sade – selbst Patient der Anstalt. Und so treffen in diesem Spiel im Spiel zwei von der Französischen Revolution Desillusionierte und Verfechter des Exzesses aufeinander: Der Marquis der Eskapaden im Streitgespräch mit Marat, dem Befürworter des Terrors, über die alles entscheidende Frage, ob eine Veränderung der Verhältnisse überhaupt möglich ist. Und falls ja, um welchen Preis? Und mit welchen Mitteln? Der revolutionäre Geist ist da schon längst verpufft, im Blutrausch versunken und von der Restauration erstickt worden. Und es sind die Kranken, psychisch Versehrten und von der Gesellschaft Ausgeschlossenen, welche die Anstalt zur Bühne machen und zurückkehren zu den Kernfragen einer verpufften Utopie. Ein rituelles Spiel unter dem Deckmantel vorgeblicher Heilung, auf der Suche nach Entgrenzung oder Erkenntnis – oder nach beidem oder etwas ganz anderem.
Peter Weiss’ 1964 uraufgeführtes Stück ist ein Spektakel des Übergangs, der Zeitenwende und des Zweifelns und passt vielleicht gerade darum so frappierend ins Heute – inszeniert von Claudia Bossard, die mit «Marat/Sade» zum ersten Mal am Residenztheater arbeitet.
Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats bewerten:
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Bewertungen & Berichte Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats
Schauspiel
Bernarda Albas Haus
von Federico García Lorca
Premiere: 26.3.2026
Nach dem Tod ihres Mannes ruft Bernarda Alba acht Jahre Trauer aus und sperrt ihre fünf Töchter zu Hause ein. Jeglicher Kontakt zur Außenwelt ist untersagt. Sie regiert mit den Mitteln von Überwachung, Denunziation und Gewalt. Doch die jüngste Tochter wagt den Aufstand gegen das Regime der Mutter, die das patriarchale System der spanischen Provinz unhinterfragt übernimmt.
Immer wieder hat der spanische Dichter Federico García Lorca Frauenschicksale in den Mittelpunkt gestellt. Kurz vor seiner Ermordung durch aufständische, faschistische Militärs im Jahr 1936 vollendete er mit «Bernarda Albas Haus» sein vielleicht konsequentestes Stück. Es ist als eine Anklage gegen die überkommenen, von der katholischen Kirche propagierten frauenfeindlichen Moralvorstellungen und als Forderung nach radikalem gesellschaftlichem Wandel zu lesen. Aber es bietet sich noch eine weitaus komplexere Deutung an, da Lorca die raffinierten Mechanismen der Unterdrückung zwischen den Frauen, die sich gegen sie selbst und ihre Freiheit richtet, schonungslos offenlegt. Lorca fand das Vorbild für «Bernarda Albas Haus» im realen Leben, stand doch ein Haus, in dem die Frauen einer Familie quasi gefangen gehalten wurden, in unmittelbarer Nachbarschaft seines Elternhauses.
Für ihre erste Inszenierung am Residenztheater hat die Regisseurin Rieke Süßkow, die mit ihren ästhetisch durchkomponierten Arbeiten bekannt wurde, das letzte Drama des großen spanischen Dichters Federico García Lorca gewählt.
Ödipus, dem Spitzenkandidaten der neuen politischen Bewegung, ist der Wahlsieg so gut wie sicher. Doch warum werden die Umstände des tödlichen Verkehrsunfalls seines Vorgängers unter Verschluss gehalten? Und was hat es mit den Fake News um seine Herkunft auf sich? Ödipus beginnt zu ermitteln – allen Warnungen zum Trotz. Der britische Regisseur und Dramatiker Robert Icke übersetzt wie schon in seiner Schnitzler-Aktualisierung «Die Ärztin» einen Klassiker des Theaters radikal in die Gegenwart. Ickes «Ödipus» blickt hinter den Mythos und ist Familientragödie und Politthriller zugleich.
«Two people can live inside an illusion. Add a third – and the curtain comes down.»
In der Wahlkampfzentrale des Spitzenkandidaten wird das Mobiliar schon abtransportiert. Noch zwei Stunden bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Ödipus, dem Spitzenkandidaten der neuen politischen Bewegung, die für Veränderung, für Hoffnung und Aufbruch steht, ist der Sieg so gut wie sicher. Für Ödipus und seine Familie sind die letzten privaten Stunden angebrochen: Bald schon ist er Staatsmann, bald ist Iokaste wieder First Lady des Landes, bald sind Antigone, Eteokles und Polyneikes Politikerkinder. Als Ödipus’ Mutter Merope unangekündigt im Kreis der Familie erscheint und auf ein Vier-Augen-Gespräch mit ihrem Sohn drängt und als ein angeblicher Seher die Schatten der Vergangenheit und Schrecken der Zukunft heraufbeschwört, beginnt Ödipus nachzubohren. Warum werden die Umstände des tödlichen Verkehrsunfalls seines Vorgängers unter Verschluss gehalten? Und warum versucht man Ödipus davon abzuhalten, seine Geburtsurkunde zu veröffentlichen, um den Fake News von seiner fragwürdigen Herkunft endlich den Wind aus den Segeln zu nehmen? Ödipus bohrt tiefer, stellt Fragen und die Zeit verrinnt, bis alles auf dem Tisch liegt – nicht nur das Wahlergebnis.
Wie schon in seiner Schnitzler-Aktualisierung «Die Ärztin» hat der britische Regisseur und Dramatiker Robert Icke einen Bühnenklassiker radikal in die Gegenwart übersetzt. Seine Neudichtung ist Politthriller und Familientragödie zugleich. Icke blickt hinter den Mythos und legt jenen existenziellen Horror frei, der das noch immer verstörend Faszinierende an Sophokles’ «Ödipus» ausmacht: dass Lebenskonstrukte und scheinbares Glück von einem Augenblick auf den nächsten zerbrechen können, fundamental bis in die Grundfesten hinein.
Stück von Robert Icke nach Sophokles, aus dem Englischen von Christina Schlögl.
Inszenierung: Robert Icke
Bühne: Hildegard Bechtler
Kostüme: Wojciech Dziedzic
Musik: Tom Gibbons
Video: Tal Yarden
Dramaturgie: Lea Maria Unterseer
Termin
Fr 24.4.2026 | Premiere
Ort
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München
Freddie Mercury, der Frontmann der legendären britischen Rockband Queen, verbrachte von 1979 bis 1985 viel Zeit in München. Er bewohnte hier mehrere Wohnungen, schloss enge Freundschaften und nahm sein erstes Soloalbum auf. Was zog ihn an die Isar? Die Liebe, das wilde Nachtleben und die vielen Treffpunkte der Gay-Community? Die Musicland Studios von Giorgio Moroder und ihre bahnbrechenden Innovationen in elektronischer Musik? Oder wollte er sich einfach nur den rigiden britischen Steuergesetzen entziehen?
Der polnische Regisseur Michaƚ Borczuch begibt sich mit dem Ensemble auf Spurensuche nach dem Vermächtnis des Stars und den Freiheiten, die er zwischen Glockenbachviertel und Arabellahochhaus fand. Was ist heute übrig von der Welt, durch die der Geist des Planeten Merkur – übrigens der kleinste und schnellste im Sonnensystem – damals zog?
Freddie Mercury, selbst sorgsam bemüht, seine ikonografische Präsenz für die Ewigkeit zu bewahren, bleibt eine Figur voller Widersprüche: Bekannt als Partytier und exaltierter Bühnenkönig, wird er privat oft als introvertiert beschrieben. Während er sich nie öffentlich outete, stellte er Insignien seiner Homosexualität bei Auftritten zur Schau. Viele, die seinen Weg kreuzten, fielen wie er der Aidsepidemie zum Opfer; viele subkulturelle Orte der Gentrifizierung. Ein Porträt seines Münchner Lebens ist unweigerlich auch das Porträt einer verlorenen Zeit.
Michaƚ Borczuch, der sich bereits 2021 in «Es waren ihrer sechs» mit den Geschwistern Scholl und ihrer Strahlkraft in die Gegenwart beschäftigt hat, kehrt ans Residenztheater zurück, um erneut Linien zwischen damals und heute, zwischen Dokument und Fiktion zu ziehen.
Inszenierung: Michał Borczuch
Bühne und Kostüme: Dorota Nawrot
Musik: Bartosz Dziadosz
Dramaturgie: Katrin Michaels
Recherche und künstlerische Mitarbeit: Sara Dec
Im vermeintlich romantischsten Stück des Sprachgenies Shakespeare spricht auf Veronas Straßen zunächst einmal weniger die Zunge als die Klinge. Es herrscht Krieg. Obwohl der Prinz zwischen den verfeindeten Clans Montague und Capulet einen Waffenstillstand verhängt hat, genügt schon die kleinste Provokation, um weitere Tote zu beklagen. Einzig die jüngsten Sprösslinge der verfeindeten Familien finden eine neue Sprache jenseits der Waffen, und zwar eine einzigartige: «Hier wütet Hass, doch Liebe wütet mehr», setzen Romeo und Julia dem Krieg ihrer Verwandten entgegen, wenn auch erst mal nur heimlich. Von Beginn an schwingt in der zarten Poesie der Verführung auch die Utopie mit, dass diese Liebe einen Frieden übers eigene Glück hinaus stiften könnte.
Ganz im Gegensatz zum vermutlich zeitgleich entstandenen «Sommernachtstraum» ist die Nacht hier die Stunde der wahren Gefühle, der Moment, in dem die Masken fallen und Name wie Herkunft nichts mehr gelten. Auch wenn Shakespeare seine Liebenden den Gesang der Lerche letztlich nicht überleben lässt, bringt er durch ihr Beispiel ans Licht, dass ein Ende der Kampfhandlungen möglich ist.
Für die Hausregisseurin Elsa-Sophie Jach geht es in ihrer Inszenierung um die Handlungsräume, die nicht nur den verfeindeten Häusern, sondern auch ganz grundsätzlich den Geschlechtern in diesem Spiel um Liebe und Tod zugewiesen sind.
«Wenig ist, was es zu sein vorgibt in der berühmtesten Liebesgeschichte des Theaters, am wenigsten die Menschen. Deren Sprache ist doppeldeutig, anrüchig, überfließend, wunderschön. Sie selbst getrieben, haltlos, unbedingt. Sind es Hass oder Liebe, die den Menschen steuern, oder ist es Gier? Und ist ein Innehalten, eine Verständigung im Zustand des Taumelns noch möglich? Oft, wenn der Mensch dem Tod sehr nahe ist, wird er sehr heiter, sagt Romeo, sie nennen das den Blitz vorm Tod.» Elsa-Sophie Jach
Inszenierung: Elsa-Sophie Jach
Bühne: Marlene Lockemann
Kostüme: Johanna Stenzel
Komposition: Max Kühn
Choreografie: Dominik Więcek
Licht: Barbara Westernach
Dramaturgie: Katrin Michaels
Video: Jonas Alsleben
In Kooperation mit dem Deutschen Theatermuseum München.
Unterstützt vom Förderverein Freunde* des Residenztheaters
3 Stunden, 1 Pause
Termin
Sa 29.11.2025, 19:30
Ort
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München
Die italienische Regisseurin Silvia Costa kombiniert in ihrer neuen Arbeit zwei Stücke von Marguerite Duras, der Grande Dame der französischen Literatur. Während in «La Musica» ein Paar am Abend nach der Scheidung das gemeinsame Leben ganz realistisch Revue passieren lässt und sich ausmalt, was hätte passieren können, wenn es zusammengeblieben wäre, ist «Die englische Geliebte» die Albtraumversion des Endes einer Beziehung, in der sich die jahrelang schwelende Gewalt Bahn bricht.
Ein anonymer Interviewer versucht zu rekonstruieren, wie es zu der Tat kam, mit der Claire Lannes schließlich aus dem Gefängnis ihrer Ehe ausbricht. Er befragt die Eheleute nacheinander und zeigt die großen Diskrepanzen auf, mit denen sie ihr gemeinsames Leben betrachtet haben. Silvia Costas poetische und bildreiche Bühnensprache zeichnet ein Bild der dunkelsten Gelüste der Liebe und der Befreiung einer Frau aus dem Rollenschema der patriarchalen Gesellschaft.
«Es gibt vieles, was wir uns wünschen, aber aus unserem Leben heraushalten. Leidenschaften zum Beispiel. Und aus diesem Grund hat mich die Geschichte von Claire Lannes immer fasziniert», sagt Silvia Costa. «Ich möchte in meiner Inszenierung die schwierige Trennung zwischen Realität und Traum, Wahrheit und Erfindung, zwischen dem ‹Normalen› und dem ‹Dummen› oder ‹Verrückten› hervorheben.»
Nach «Erinnerung eines Mädchens» von Annie Ernaux, seit 2021 im Repertoire des Residenztheaters, arbeitet die Theater- und Opernregisseurin, die 2022 vom französischen Kulturministerium zum Chevalier des Arts et des Lettres ernannt wurde, zum zweiten Mal am Residenztheater.
Nach den Theaterstücken «La Musica 2» und «Die englische Geliebte» von Marguerite Duras.
Inszenierung und Bühne: Silvia Costa
Kostüme: Cristina Nyffeler
Musik: Nicola Ratti
Dramaturgie: Katrin Michaels
Bewertungen & Berichte La Musica - zwischen ihr und ihm
Schauspiel
Die Präsidentinnen
von Werner Schwab
Premiere: 12.6.2026
Der österreichische Dramatiker Werner Schwab gilt als radikaler Erneuerer des Volksstücks und Sprachvirtuose. Für seine Komödie «Die Präsidentinnen» schuf er mit Erna, Grete und Mariedl drei unverwechselbare Frauenfiguren, die mit böser Bauernschläue und rasanter Sprachakrobatik ihren bescheidenen Platz im Leben zu verteidigen suchen und dabei über ihren Größenwahn stolpern.
«Oft sind es die wenigen schönen Dinge im Leben, und kaum greift man diese schönen Sachen an, schon hat man schon wieder einen Scheißhaufen in der Hand.»
Wir befinden uns in einer bescheidenen Wohnküche, der Fernseher läuft, es predigt der Papst. Erna, Grete und Mariedl, drei Damen unterschiedlichen Alters und Naturells, sind seine treuesten Anhängerinnen. Aber eigentlich finden sie es viel interessanter, über sich selbst zu reden. Dabei ziehen sie mit lustvoller Rhetorik über die Welt da draußen im Allgemeinen und über die jeweils anderen beiden im Speziellen her. Sie erfinden Fantasiewelten, in denen sie der Mittelpunkt, in denen sie die Stars sind. Darin feiern sich vor allem Erna und Grete, die sich an ihren mit Halbwissen und Doppelmoral gespickten Sprachpirouetten so lange selbst berauschen, bis die Jüngste, das Mariedl, sie unsanft aus ihren Träumen reißt und auf den Boden der Tatsachen zurückholt, was zu keinem guten Ende führt.
Der österreichische Dramatiker Werner Schwab – 1994 im Alter von nur fünfunddreißig Jahren verstorben – gilt als radikaler Erneuerer des Volksstücks und als Sprachvirtuose, der mit seinem «Schwabisch» einen ganz neuen Bühnensound erfand. Gleich zu Anfang seiner Karriere schuf er in seiner Komödie «Die Präsidentinnen», die zu seinen «Fäkaliendramen» zählt, drei unverwechselbare Frauenfiguren, die mit Bauernschläue und Überlebenswillen ihren bescheidenen Platz im Leben zu verteidigen suchen und dabei über ihren Größenwahn stolpern.
Nach ihrer Inszenierung von Samuel Becketts «Warten auf Godot» für einen «all male cast» bringt Hausregisseurin Claudia Bauer Schwabs modernen Klassiker für drei Schauspielerinnen hochmusikalisch auf die Bühne.
Die Schauspieler*innen des Residenztheaters spielen, lesen und erzählen kurze Szenen aus den aktuellen Stücken, Ausschnitte aus Lyrik und Literatur – für Sie ganz persönlich und live am Telefon.
30.04.20, 08:38, jen Direkter und persönlicher in der aktuellen Kontaktverbots-Zeit Kultur genießen wie die Idee des Resi
Direkter und persönlicher in der aktuellen Kontaktverbots-Zeit Kultur genießen wie die Idee des Residenztheaters geht kaum noch.
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Residenztheater
Das Residenztheater (Bayerisches Staatsschauspiel) ist eines der traditionsreichsten und mit einem Ensemble von über 50 Schauspieler*innen und mehr als 450 Mitarbeiter*innen größten Sprechtheater im deutschsprachigen Raum. Seine Historie beginnt im 18. Jahrhundert als Kurfürstliches Hof- und Nationaltheater. Bespielt werden drei Spielstätten: das Residenztheater am Max-Joseph-Platz mit 881 Plätzen, das Cuvilliéstheater mit 437 Plätzen und der Marstall mit ca. 146 Plätzen, alle in unmittelbarer Nachbarschaft der Residenz im Herzen Münchens.
Seit 2019 ist Andreas Beck Intendant. Das Residenztheater unter seiner künstlerischen Leitung steht für ein Ensembletheater, das den Schwerpunkt auf zeitgenössische Dramatik mit Uraufführungen und Neudichtungen neben der Pflege eines klassischen Repertoires legt. Klassische Stoffe und Texte werden aus dem Hier und Jetzt heraus befragt und erfahren eine Neudichtung oder Übertragung. Mit der Uraufführung von Ewald Palmetshofers für das Residenztheater als Auftragswerk entstandenem Theatertext «Die Verlorenen» wurde die erste Spielzeit der neuen Intendanz am 19. Oktober 2019 im Residenztheater eröffnet.
Kontakt
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
D-80539 München